Ich kann nicht zeichnen!

„Stellen Sie sich vor, jemand legt Ihnen ein weißes Blatt Papier und einen Stift hin und sagt: ›Zeichne, was du gerade denkst.‹ Plötzlich wird das Blatt bedrohlich leer. Der Kopf ist voll, aber die Hand bleibt still. ›Ich kann nicht zeichnen‹, kommt wie automatisch über die Lippen – ein Satz, so fest in vielen verankert wie der Glaube, zwei linke Hände zu haben. Doch was, wenn genau dieses Blatt der Schlüssel zu klarerem Denken, besserem Verstehen und mehr Verbindung wäre?“

Die Visualisierung eines Sachverhalts ist ein mächtiges Werkzeug – sie hilft dabei, komplexe Inhalte zu erklären, Gedanken zu ordnen und sich in das Bild des Gegenübers hineinzuversetzen. Doch sobald es darum geht, eine Situation zeichnerisch darzustellen, hört man fast reflexartig: „Ich kann nicht zeichnen!“
Ob es die schlechten Erfahrungen aus der Schulzeit sind („Das ist kein Baum!“ – Note 5), die Angst vor Bewertung („Was, wenn andere lachen?“) oder der hartnäckige Mythos vom „angeborenen Zeichentalent“ – dieser Glaubenssatz verschließt vielen Menschen den Zugang zu einem der einfachsten und wirkungsvollsten Kommunikationsmittel: dem Bild. Denn wie heißt es so treffend? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.

Um zu zeigen, wie leicht der Einstieg ins Zeichnen sein kann, nutze ich gerne die Methode der „Squiggle Birds“(Kringelvögel) von Chris Glynn. Dabei wird ein einfacher Kritzel – ein willkürlicher Strich oder Kringel – in einen Vogel verwandelt. Mit ein paar Strichen entstehen Schnabel, Augen, Beine – und plötzlich blickt einen ein kleiner, frecher Vogel vom Papier an.

Diese Übung macht nicht nur Spaß, sie öffnet auch die Tür zu einer anderen Wahrnehmung: Sie zeigt, wie kreativ unser Gehirn mit Chaos umgehen kann, wie stark unsere Fähigkeit zur Mustererkennung ist – und dass zeichnen zu können viel weniger mit „Kunst“ zu tun hat als mit Zulassen und Ausprobieren.

Einfach mal anfangen. Ein Kringel reicht.

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